Mittwoch, 15. Januar 2025

Lara

Lara stand am Rand des großen Marktplatzes ihrer Kleinstadt, das Herz schlug ihr bis zum Hals. Heute war der Tag, an dem sie ihre Angst überwinden und etwas wagen wollte, das sie zuvor nie getan hatte. Seit Wochen hatte sie das Poster des Talentwettbewerbs gesehen, das an der Bäckerei hing, und obwohl sie sich nie als besonders mutig empfunden hatte, hatte sie sich heimlich angemeldet. Die anderen Teilnehmer waren allesamt älter oder hatten augenscheinlich mehr Erfahrung. Eine Gruppe älterer Schüler spielte in einer Band, ein Mädchen tanzte mit einer Perfektion, die Lara einschüchterte, und ein Junge erzählte selbstgeschriebene Geschichten, die das Publikum zum Lachen brachten. Lara hingegen hatte nur ihre Stimme und eine Gitarre, die sie sich von ihrem großen Bruder geliehen hatte. Sie liebte das Singen, hatte aber noch nie vor anderen gesungen. Laras Leben war in letzter Zeit nicht einfach gewesen. Ihre Eltern hatten sich vor zwei Jahren scheiden lassen, und sie lebte nun mit ihrer Mutter in einer kleinen Wohnung am Stadtrand. Ihr Vater hatte eine neue Familie gegründet, und auch wenn Lara ihn gelegentlich sah, fühlte sie sich oft, als gehöre sie nicht wirklich dazu. Ihr älterer Bruder Ben war immer ein großer Halt für sie gewesen, doch vor einem Jahr war er wegen seines Studiums in eine andere Stadt gezogen. Sie verstand, dass er sein eigenes Leben leben musste, aber sie vermisste ihn schrecklich. Oft wünschte sie sich, sie könne mit jemandem reden, der sie wirklich verstand. Die Minuten zogen sich, während sie hinter der Bühne wartete. Ihre Hände waren feucht, und sie konnte den Text ihres Liedes kaum in ihrem Kopf behalten. "Warum tue ich das überhaupt?", fragte sie sich. Aber dann dachte sie an ihre beste Freundin Mia, die gesagt hatte: "Du musst es einfach probieren. Es geht nicht darum, zu gewinnen, sondern darum, mutig zu sein." Als Laras Name aufgerufen wurde, klopfte ihr Herz so laut, dass sie glaubte, das Publikum könnte es hören. Mit zitternden Beinen ging sie auf die Bühne. Die Bühnenlichter blendeten sie, und sie konnte die Gesichter im Publikum kaum erkennen. Doch als sie ihre Gitarre nahm und die ersten Akkorde spielte, begann etwas in ihr zu ruhen. Sie schloss die Augen und sang. Die Welt um sie herum schien zu verschwinden. Es zählten nur die Melodie, ihre Stimme und das Gefühl, das sie in das Lied legte. Es war ein Lied, das sie selbst geschrieben hatte, ein Lied über das Gefühl, seinen Platz in der Welt zu suchen und den Mut zu finden, man selbst zu sein. Sie hatte es in einer besonders einsamen Nacht geschrieben, als sie sich fragte, ob sie jemals wieder so glücklich sein würde wie früher, als ihre Familie noch zusammen war und Ben sie jeden Tag zum Lachen brachte. Als der letzte Ton verklang, herrschte einen Moment lang absolute Stille. Dann brach Applaus aus. Lara öffnete die Augen und sah, wie die Menschen klatschten, einige sogar aufstanden. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihr aus. Sie hatte es geschafft. Sie hatte ihre Angst überwunden und etwas getan, das sie nie für möglich gehalten hätte. Nach der Vorstellung kam Mia auf sie zugelaufen und umarmte sie fest. "Ich wusste, dass du es schaffen kannst!" Lara lachte, noch immer etwas ungläubig über das, was passiert war. Und später, als sie allein zu Hause war, schrieb sie Ben eine lange Nachricht und erzählte ihm von ihrem Auftritt. Sein Rückruf kam sofort, und sie spürte an seiner Stimme, wie stolz er auf sie war. Diese Erfahrung veränderte Lara. Sie hatte gelernt, dass Mut nicht bedeutet, keine Angst zu haben, sondern trotz der Angst etwas zu wagen. Und obwohl sie nicht den ersten Platz beim Wettbewerb belegte, war sie doch die wahre Gewinnerin. Denn an diesem Abend hatte sie bewiesen, dass sie über sich hinauswachsen konnte – und dass sie, selbst wenn sie sich manchmal einsam fühlte, die Kraft hatte, ihren eigenen Weg zu finden. OKSANA Oksana stand am Rand der Turnhalle ihrer Schule, das Herz schlug ihr bis zum Hals. Heute war der Tag, an dem sie ihre Angst überwinden und etwas wagen wollte, das sie zuvor nie getan hatte. Seit Wochen hatte sie die Ausschreibung für das Vorturnen für das Schulturnteam gesehen, und obwohl sie sich nie als besonders mutig empfunden hatte, hatte sie sich heimlich angemeldet. Die anderen Teilnehmerinnen waren allesamt älter oder hatten augenscheinlich mehr Erfahrung. Eine Mädchengruppe zeigte elegante Bodenküren, andere wirbelten mit beeindruckender Kraft und Grazie über das Reck. Oksana hingegen hatte nur ihre Entschlossenheit und die monatelange Übung, die sie sich in der kleinen Wohnung mit Matratzenstapeln als Ersatz für ein richtiges Trainingsfeld angeeignet hatte. Sie liebte das Turnen, hatte aber noch nie vor anderen geturnt. Oksanas Leben war in letzter Zeit alles andere als einfach gewesen. Sie und ihre Mutter waren vor anderthalb Jahren aus der Ukraine geflohen, als der Krieg ihre Heimatstadt erreichte. Ihr Vater war geblieben, um in der Armee zu kämpfen, und sie hörte nur selten von ihm. In Deutschland hatten sie Zuflucht gefunden, doch Oksana fühlte sich oft fremd und allein. Die deutsche Sprache hatte sie sich mit unermüdlichem Fleiß selbst beigebracht, und obwohl sie jetzt fließend sprach, war es manchmal schwierig, sich wirklich zugehörig zu fühlen. Die Minuten zogen sich, während sie darauf wartete, dass ihr Name aufgerufen wurde. Ihre Hände waren feucht, und sie konnte die Abfolge ihrer Kür kaum in ihrem Kopf behalten. "Warum tue ich das überhaupt?", fragte sie sich. Aber dann dachte sie an ihre Mutter, die jeden Tag hart arbeitete, um ihnen ein neues Leben aufzubauen, und an ihren Vater, der ihr in einem seiner seltenen Anrufe gesagt hatte: "Du bist stark, Oksana. Du kannst alles schaffen." Als ihr Name aufgerufen wurde, klopfte ihr Herz so laut, dass sie glaubte, die gesamte Turnhalle könnte es hören. Mit zitternden Beinen betrat sie die Matte. Die Scheinwerfer blendeten sie, und sie konnte die Gesichter der Trainer kaum erkennen. Doch als sie die erste Bewegung ihrer Kür begann, vergaß sie ihre Nervosität. Sie dachte an die unzähligen Stunden des Übens, an die Momente, in denen sie sich selbst überwunden hatte, und an die Worte ihres Vaters. Die Welt um sie herum schien zu verschwinden. Es zählten nur ihre Bewegungen, die Kontrolle über ihren Körper und das Gefühl der Freiheit, das das Turnen ihr gab. Ihre Kür erzählte eine Geschichte – eine Geschichte von Verlust und Hoffnung, von Mut und Ausdauer. Als sie ihren letzten Sprung absolvierte und elegant landete, herrschte einen Moment lang absolute Stille. Dann brach Applaus aus. Oksana öffnete die Augen und sah, wie die Menschen klatschten, einige sogar aufstanden. Ein warmes Gefühl breitete sich in ihr aus. Sie hatte es geschafft. Sie hatte ihre Angst überwunden und etwas getan, das sie nie für möglich gehalten hätte. Nach der Vorstellung kam ihre beste Freundin Mia auf sie zugelaufen und umarmte sie fest. "Ich wusste, dass du es schaffen kannst!" Oksana lachte, noch immer etwas ungläubig über das, was passiert war. Später am Abend schrieb sie ihrem Vater eine Nachricht und erzählte ihm von ihrem Erfolg. Sein Rückruf kam sofort, und sie spürte an seiner Stimme, wie stolz er auf sie war. Diese Erfahrung veränderte Oksana. Sie hatte gelernt, dass Mut nicht bedeutet, keine Angst zu haben, sondern trotz der Angst etwas zu wagen. Und obwohl sie noch nicht wusste, ob sie ins Team aufgenommen werden würde, war sie doch die wahre Gewinnerin. Denn an diesem Abend hatte sie bewiesen, dass sie über sich hinauswachsen konnte – und dass sie, selbst wenn sie sich manchmal fremd und allein fühlte, die Kraft hatte, ihren eigenen Weg zu finden.

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